Projekt Kirchhof

Ein lebendiges Denkmal der Sepulkralkultur

Der Kirchhof der Alten Dorfkirche Berlin-Zehlendorf ist weit mehr als nur ein historischer Friedhof. Als geschütztes Gartendenkmal bildet er zusammen mit der Kirche ein einzigartiges Ensemble, das von der Geschichte Zehlendorfs und seiner Bewohner erzählt. Die Grabmale, die alten Bäume und die besondere Atmosphäre machen den Kirchhof zu einem Ort der Erinnerung, der Besinnung und der Begegnung.

Im September 2020 wurde der Kirchhof zum „Denkmal des Monats“ im Bezirk Steglitz-Zehlendorf ernannt – eine Auszeichnung, die seine besondere Bedeutung unterstreicht. Das Projekt Kirchhof widmet sich der sorgfältigen Pflege und Restaurierung dieses wertvollen Kulturdenkmals, um es für kommende Generationen zu bewahren.

Historische Grabmale als Kunstwerke

Auf dem Kirchhof finden sich Grabmale aus drei Jahrhunderten, die von der Entwicklung der Sepulkralkultur zeugen. Vom schlichten Feldstein des 18. Jahrhunderts über die kunstvoll gearbeiteten Sandsteingrabmale des 19. Jahrhunderts bis zu moderneren Gestaltungen des 20. Jahrhunderts – jedes Grabmal erzählt seine eigene Geschichte.

Die Grabmalkunst spiegelt nicht nur individuelle Schicksale wider, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen, künstlerische Strömungen und religiöse Vorstellungen. Die Symbolik der Grabmale – Urnen, Engel, Kreuze, Blumen – gibt Einblicke in die Jenseitsvorstellungen und die Trauerkultur verschiedener Epochen. Diese kulturhistorischen Dokumente verdienen besondere Aufmerksamkeit und Schutz.

Viele der historischen Grabsteine sind durch Witterungseinflüsse, Bewuchs und Umweltbelastungen stark beschädigt. Inschriften sind verwittert, Steinteile sind abgebrochen, und an manchen Stellen hat sich die Oberfläche aufgelöst. Ohne Restaurierung droht der Verlust dieser wertvollen Zeugnisse. Die Restaurierung dieser Grabmale ist daher ein zentrales Anliegen des Projekts.

Restaurierung der Grabsteine

Die Restaurierung historischer Grabmale erfordert spezielles Fachwissen. Steinrestauratoren untersuchen zunächst jeden Stein individuell: Welche Steinart liegt vor? Welche Schäden sind vorhanden? Welche Restaurierungsmethoden sind geeignet? Auf Basis dieser Untersuchung wird für jedes Grabmal ein individuelles Restaurierungskonzept entwickelt.

Lose Teile werden stabilisiert und, wenn nötig, wieder mit dem Stein verbunden. Dabei kommen moderne Klebstoffe und Dübeltechniken zum Einsatz, die reversibel sind – ein wichtiger Grundsatz der Denkmalpflege. Fehlende Teile werden nur dann ergänzt, wenn dies für die Stabilität oder das Verständnis notwendig ist. Solche Ergänzungen erfolgen in einer Weise, die sie als modern erkennbar macht.

Die Reinigung der Grabsteine ist ein besonders sensibler Vorgang. Aggressive Reinigungsmittel oder zu hoher Wasserdruck können mehr schaden als nutzen. Stattdessen kommen schonende Verfahren wie die Heißdampfreinigung oder spezielle Pasten zum Einsatz. Biologische Bewüchse wie Flechten und Moose werden vorsichtig entfernt, wobei entschieden werden muss, welcher Bewuchs stört und welcher zur „ehrwürdigen Patina“ gehört.

Verwitterte Inschriften werden, soweit möglich, wieder lesbar gemacht. Manchmal können mit speziellen fotografischen Techniken oder 3D-Scans auch kaum noch sichtbare Buchstaben dokumentiert werden. Diese Informationen sind wichtig für die genealogische Forschung und die Ortsgeschichte. Eine ausführliche Dokumentation sichert das Wissen über die Inschriften für die Zukunft.

Denkmalgerechte Pflege und Wegeführung

Die Pflege eines Gartendenk­mals folgt anderen Prinzipien als die eines üblichen Friedhofs. Es geht nicht um perfekte Ordnung, sondern um den Erhalt des historischen Charakters und die Förderung der Biodiversität. Der Kirchhof soll ein Ort sein, an dem Geschichte spürbar wird und gleichzeitig Raum für Natur und Stille ist.

Die Wegeführung auf dem Kirchhof wird behutsam instand gehalten. Historische Wegverläufe werden bewahrt, der Belag wird so gewählt, dass er dem historischen Charakter entspricht. Wassergebundene Decken und Naturstein sind hier die Materialien der Wahl. Moderne Betonpflaster würden den Charakter des Ortes verfälschen.

Die Bepflanzung orientiert sich an historischen Vorbildern. Typische Friedhofspflanzen wie Eiben, Buchsbaum und Efeu prägen das Bild. Ergänzt werden sie durch blühende Stauden, die zu verschiedenen Jahreszeiten Farbtupfer setzen. Die Pflanzenauswahl berücksichtigt auch ökologische Aspekte – der Kirchhof soll Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere bieten.

Der alte Baumbestand

Die alten Bäume auf dem Kirchhof sind stumme Zeugen der Geschichte. Einige von ihnen sind über hundert Jahre alt und prägen das Erscheinungsbild des Kirchhofs entscheidend. Diese Bäume sind nicht nur landschaftsgestalterisch wertvoll, sondern auch ökologisch bedeutsam. Sie bieten Lebensraum und tragen zum Mikroklima bei.

Die Pflege des Baumbestands erfolgt durch Fachleute. Regelmäßige Kontrollen stellen sicher, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet ist. Kranke oder beschädigte Äste werden entfernt, Totholz wird, soweit sicherheitstechnisch vertretbar, als Lebensraum für Insekten und Vögel erhalten. Bei Bedarf werden auch baumpflegerische Maßnahmen durchgeführt, um die Vitalität der alten Bäume zu erhalten.

Wenn ein alter Baum gefällt werden muss, wird nach Möglichkeit Ersatz gepflanzt. Dabei wird darauf geachtet, dass die neuen Bäume zum historischen Charakter passen. Heimische Arten wie Linden, Eichen und Hainbuchen sind hier die erste Wahl. Sie fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein und entsprechen den denkmalpflegerischen Anforderungen.

Biologische Vielfalt auf dem Kirchhof

Der Kirchhof ist nicht nur ein Kulturdenkmal, sondern auch ein wertvoller Lebensraum mitten in der Stadt. Die extensive Pflege fördert die Artenvielfalt. Wildblumen, Gräser und Kräuter bieten Nahrung für Insekten. Die alten Bäume und die Mauern bieten Nistmöglichkeiten für Vögel.

Diese Biodiversität ist gewollt und wird gefördert. Der Kirchhof wird nur zweimal jährlich gemäht, und auch dann nur partiell. So können Pflanzen aussamen und Insekten ihre Entwicklung abschließen. Totholz wird bewusst liegen gelassen, da es Lebensraum für viele Arten bietet. Dieser naturnahe Ansatz entspricht modernen Konzepten der Gartendenkmalpflege.

Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass die historischen Grabmale nicht durch zu starken Bewuchs beschädigt werden. Wurzeln können Steine verschieben, und manche Pflanzen können den Stein selbst schädigen. Ein ausgewogenes Management ist daher notwendig, um sowohl den Denkmalschutz als auch die ökologischen Ziele zu erreichen.

Die Kirchhofsmauer

Die historische Kirchhofsmauer umschließt das gesamte Areal und ist selbst ein schützenswertes Denkmal. Über die Jahrhunderte hat sie verschiedene Veränderungen erfahren, Schäden erlitten und Reparaturen erhalten. Heute zeigt sie an vielen Stellen Risse, lose Steine und Feuchtigkeitsschäden.

Die Sanierung der Kirchhofsmauer ist ein wichtiger Teil des Projekts. Zunächst wird der Zustand genau dokumentiert. Dann werden die notwendigen Maßnahmen festgelegt: Verfugung lockerer Steine, Austausch irreparabel beschädigter Elemente, Behandlung von Feuchtigkeitsschäden. Die Arbeiten erfolgen mit traditionellen Mörteln und Techniken, um den historischen Charakter zu wahren.

Die Mauer ist nicht nur ein gestalterisches Element, sondern hat auch praktische Funktionen. Sie markiert die Grenze des geweihten Bereichs und schützt den Kirchhof vor unbefugtem Zugang. Ihre Erhaltung ist daher aus mehreren Gründen wichtig. Nach der Sanierung wird die Mauer wieder für Jahrzehnte ihre Funktion erfüllen können.

Neugestaltung des Eingangsbereichs

Der Eingangsbereich zum Kirchhof bedarf einer Neugestaltung. Er soll einladend wirken und gleichzeitig dem historischen Charakter des Ortes gerecht werden. Ein neues Tor, das sich an historischen Vorbildern orientiert, wird den Zugang markieren. Informationstafeln werden Besuchern die Geschichte des Kirchhofs und seiner Grabmale näherbringen.

Der Vorplatz wird barrierefrei gestaltet, sodass auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität den Kirchhof besuchen können. Bänke laden zum Verweilen ein. Die Gestaltung folgt einem Konzept, das moderne Nutzungsanforderungen mit denkmalpflegerischen Grundsätzen verbindet. Das Ergebnis soll ein Ort sein, der sowohl respektvoll als auch zugänglich ist.

Auch die Beleuchtung wird neu konzipiert. Dezente Wegebeleuchtung sorgt für Sicherheit in den Abendstunden, ohne den Charakter des Ortes zu stören. Die Leuchten werden so gewählt und positioniert, dass sie tagsüber kaum auffallen. LED-Technik ermöglicht eine energieeffiziente und wartungsarme Lösung.

Führungen und Vermittlung

Der Kirchhof ist nicht nur ein Ort der Stille, sondern auch ein Lernort. Regelmäßige Führungen erläutern die Geschichte des Kirchhofs, die Symbolik der Grabmale und die Arbeit des Fördervereins. Besucher lernen dabei nicht nur etwas über Zehlendorfer Geschichte, sondern auch über Sepulkralkultur und Denkmalschutz allgemein.

Besonders beliebt sind thematische Führungen, etwa zu bestimmten Persönlichkeiten, die hier begraben sind, oder zur Entwicklung der Grabmalgestaltung. Auch für Schulklassen werden spezielle Programme angeboten, die historisches Lernen mit praktischen Elementen verbinden. Der Kirchhof wird so zu einem außerschulischen Lernort.

Informationstafeln an ausgewählten Grabmalen und an wichtigen Punkten des Kirchhofs bieten auch unabhängig von Führungen Informationen. QR-Codes ermöglichen es, mit dem Smartphone auf vertiefende Informationen zuzugreifen. Diese moderne Form der Vermittlung erreicht vor allem jüngere Besucher und macht die Geschichte auf zeitgemäße Weise zugänglich.

Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege

Das Projekt Kirchhof wird in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf durchgeführt. Die Auszeichnung als „Denkmal des Monats“ unterstreicht die gute Zusammenarbeit und die Qualität der bisherigen Arbeit. Uwe Schmohl, zuständig für die Gartendenkmalpflege, begleitet das Projekt fachlich.

Alle Maßnahmen werden vorab mit der Denkmalpflege abgestimmt. Dies garantiert, dass die Arbeiten den höchsten denkmalpflegerischen Standards entsprechen. Die Expertise der Denkmalbehörde fließt in die Planung ein und hilft, optimale Lösungen zu finden. Diese enge Kooperation ist ein Erfolgsfaktor des Projekts.

Auch überregionale Fachleute und Organisationen werden einbezogen. Der Austausch mit anderen Projekten der Gartendenkmalpflege hilft, von bewährten Praktiken zu lernen und innovative Ansätze zu entwickeln. Das Projekt Kirchhof profitiert so von einem breiten Erfahrungsschatz.

Pflege und Unterhaltung

Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten beginnt die Phase der kontinuierlichen Pflege. Ein detaillierter Pflegeplan regelt die regelmäßigen Arbeiten: Mähen, Beschneiden, Kontrolle der Grabmale, Wegeunterhalt. Diese Arbeiten werden teilweise von Fachfirmen, teilweise von ehrenamtlichen Helfern durchgeführt.

Der Förderverein organisiert regelmäßige Pflegeeinsätze, bei denen Mitglieder und Interessierte gemeinsam Hand anlegen. Diese Aktionen sind nicht nur praktisch nützlich, sondern stärken auch die Gemeinschaft und schaffen ein Bewusstsein für die Bedeutung des Kirchhofs. Viele Menschen schätzen die Möglichkeit, sich aktiv für den Erhalt dieses besonderen Ortes einzusetzen.

Langfristig sind auch größere Instandhaltungsmaßnahmen notwendig. Die Kirchhofsmauer muss regelmäßig überprüft werden, Bäume müssen gepflegt werden, und auch die Grabmale bedürfen gelegentlicher Nachbehandlung. Ein Fonds für die langfristige Unterhaltung sichert die Finanzierung dieser Maßnahmen.

Der Kirchhof als Ort der Begegnung

Der Kirchhof ist mehr als ein Museum oder eine historische Stätte – er ist ein lebendiger Ort der Begegnung. Menschen kommen hierher, um in Ruhe zu gedenken, zu meditieren oder einfach die besondere Atmosphäre zu genießen. Der Kirchhof bietet mitten in der Stadt einen Raum der Entschleunigung.

Besondere Veranstaltungen wie Lesungen, kleine Konzerte oder meditative Spaziergänge nutzen die einzigartige Atmosphäre des Ortes. Diese Veranstaltungen sind bewusst klein gehalten, um den Charakter des Kirchhofs zu wahren. Sie machen aber deutlich, dass der Kirchhof kein „toter“ Ort ist, sondern ein Raum, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart begegnen.

Auch für die Gemeindearbeit spielt der Kirchhof eine Rolle. An besonderen Tagen wie dem Totensonntag oder Allerheiligen finden hier Andachten statt. Diese Gottesdienste unter freiem Himmel, umgeben von den Zeugnissen der Vergangenheit, haben eine besondere Eindringlichkeit und werden von vielen Menschen geschätzt.


Das Projekt Kirchhof ist ein wichtiger Bestandteil der Gesamtsanierung. Weitere Informationen finden Sie unter [Projekt Kirchensanierung]https://dorfkirche-berlin-zehlendorf.de/projekt-kirchensanierung/) und [Projekt Altarraum]https://dorfkirche-berlin-zehlendorf.de/projekt-altarraum/). Eine Übersicht bietet Alle Projekte im Überblick.

Mehr zur Geschichte des Kirchhofs lesen Sie auf der Seite Der Alte Dorfkirchhof.

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Kontakt:
Förderverein Alte Dorfkirche e.V.
E-Mail: [email protected]